Spitznamen im Parlament
Spitznamen sind in Parlamenten keine Seltenheit. So nennt das englische Unterhaus das Oberhaus «another place». Oder der Deutsche Bundestag bezeichnet ein bestimmtes Abstimmungsverfahren, bei welchem die Abgeordneten mit ihrem Verlassen des Plenarsaals durch eine von drei Türen «Ja», «Nein» oder «Enthalten» stimmen, als «Hammelsprung».
Im Kantonsrat Zürich bezeichnet der «Bock» den Sitz der Präsidentin oder des Präsidenten. Links und rechts von den Vizepräsidentinnen oder Vizepräsidenten sekundiert, thront er an der höchsten Stelle im Ratssaal wie ein Steinbock über allem anderen. Die Sitzreihe vor ihm heisst «Vorbock» und wird von den Ratssekretärinnen oder -sekretären, dem Generalsekretär und der Protokollführerin besetzt.
Was ist nun aber der «Esel»? «Esel» wird das Drehbuch genannt, das die Parlamentsdienste für jede Ratssitzung erstellen. Es skizziert alle Verfahrensabläufe und Abstimmungsprozedere für die zu behandelnden Geschäfte. Warum es «Esel» heisst, lässt sich, abgesehen von allfälligen boshaften Vermutungen, nicht mehr klar rekonstruieren. Das Drehbuch soll der Präsidentin oder dem Präsidenten wohl einfach die nötige Sicherheit geben, um im gemütlichen Trott eines Esels durch die Sitzung führen zu können. Wenn also der «Bock» nach dem «Esel» verlangt, illustriert dies auch die Beziehung der Parlamentsdienste zum Kantonsrat. Sie entlasten die Präsidien des Gesamtrates und der Kommissionen sowie die einzelnen Ratsmitglieder, indem sie alle Sitzungen so vorbereiten, dass sich die Politiker auf ihre eigentliche Aufgabe, Politik zu machen, konzentrieren können.